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With Famly since
In Eile? Hier ist die Kurzfassung:
Immer mehr Kitas nutzen Tablets zur Dokumentation – doch wie wirkt sich das auf Kinder aus? Medienpädagogin Dr. Susanne Eggert erklärt, dass Kinder digitale Geräte sehr bewusst wahrnehmen und sogar aktiv einfordern, dass Erlebnisse dokumentiert werden. Entscheidend sei eine transparente, kindgerechte Kommunikation: Kinder dürfen verstehen, was mit den Bildern geschieht – und sollten auch „Nein“ sagen dürfen. Gleichzeitig warnt sie vor unreflektierter Nutzung: Wenn Erwachsene zu abgelenkt sind, leidet die Beziehungsebene. Richtig eingesetzt, bieten Tablets jedoch kreative Chancen und Teilhabe – vorausgesetzt, die Fachkräfte sind medienpädagogisch gut begleitet.
Apps wie Famly helfen Kitas dabei, den Alltag zu dokumentieren, mit Familien zu kommunizieren und organisatorische Prozesse zu vereinfachen. In vielen Einrichtungen ist das iPad längst Teil des organisatorischen Alltags – sei es für die Essensplanung, Anwesenheitsdokumentation oder Fotos für das Portfolio. Doch wie erleben Kinder es, wenn Erzieher:innen mit Tablets durch die Gruppenräume laufen? Sollte man digitale Geräte möglichst unauffällig nutzen – oder Kinder aktiv miteinbeziehen?
Wir haben mit Dr. Susanne Eggert gesprochen. Sie leitet die Abteilung Forschung am JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Medien in der frühen Kindheit. Ein Gespräch über digitale Sichtbarkeit, kindliche Wahrnehmung – und die Zukunft der Kita.
Famly: Frau Dr. Eggert, wie hat sich der Umgang mit digitalen Medien in Kitas in den letzten Jahren verändert?
Dr. Susanne Eggert: Es gab früher eine sehr starke Abwehrhaltung gegenüber digitalen Medien in Kitas. Das hat sich inzwischen ein Stück weit verändert. In den meisten Einrichtungen gibt es heute Fachkräfte, die digitalen Medien offen gegenüberstehen – gerade im Bereich Organisation und Kommunikation mit Eltern. Aber im pädagogischen Alltag gibt es noch immer viele Vorbehalte. Ich finde das nicht grundsätzlich schlecht. Es ist wichtig, dass Fachkräfte sich eine eigene Haltung erarbeiten.
Ein häufiges Argument: Kinder sind ohnehin ständig von Medien umgeben. Sollte die Kita also ein medienfreier Ort bleiben?
Das höre ich oft. Aber wir dürfen nicht vergessen: Die Kinder sind in dieser Medienwelt nicht aus eigenem Antrieb unterwegs. Deshalb finde ich, dass Kitas ein Raum sein sollten, in dem wir einen bewussten, begleiteten Umgang mit digitalen Medien ermöglichen – statt sie einfach auszuklammern.
Wie nehmen Kinder es wahr, wenn Erzieher:innen mit dem iPad durch die Kita laufen?
Kinder erkennen das sofort. Sie wissen sehr genau, was da passiert. Manche sagen von sich aus: „Mach bitte ein Foto und schick es meiner Mama.“ Das zeigen auch Studien. Im Rahmen unseres Familien-Medien-Monitorings mit Kindern im Alter von ein bis vier Jahren haben wir immer wieder gehört, dass Kinder von sich aus wollen, dass ihre Erlebnisse fotografiert und verschickt werden. Sie verstehen die Funktion des Geräts.
Manche Fachkräfte nutzen das Tablet lieber heimlich, um nicht den Eindruck zu erwecken, sie seien abgelenkt. Ist diese Sorge berechtigt?
Zum Teil ja. Die Bindungsforschung zeigt, dass digitale Medien Erwachsene ablenken können – und dadurch die Bedürfnisse von Kindern weniger oder später wahrgenommen werden. Kinder reagieren darauf. Sie fordern Aufmerksamkeit ein, und wenn sie die nicht bekommen, ziehen sie sich irgendwann zurück. Das ist ein Risiko, wenn Medien unreflektiert eingesetzt werden.
„Wenn ein Kind Interesse zeigt, hat es auch das Recht, in seiner Medienaneignung gut begleitet zu werden.“
Sollte man Kinder also aktiv miteinbeziehen und erklären, was dokumentiert wird?
Unbedingt. Wenn ein Kind Interesse zeigt, hat es auch das Recht, in seiner Medienaneignung gut begleitet zu werden. Ich bin für maximale Transparenz: „Wir machen manchmal Fotos, damit deine Eltern sehen, was du hier machst.“ Aber: Nur wenn das Kind einverstanden ist. Dokumentation darf nicht über den Kopf des Kindes hinweg geschehen.
Gibt es Risiken, wenn Kinder zu oft mit digitalen Medien konfrontiert sind – auch wenn sie sie nicht selbst bedienen?
Ja, definitiv. Wenn Medien zu oft präsent sind, kann der Eindruck entstehen: Für jedes Bedürfnis oder jede Frage brauche ich ein Gerät. Diese Haltung wollen wir Kindern nicht vermitteln. Und wie gesagt: Die Beziehungsebene kann leiden, wenn Erwachsene zu sehr mit dem Gerät beschäftigt sind.
Viele haben die Sorge, dass digitale Medien andere Aktivitäten verdrängen. Teilen Sie diese?
Ich sehe eher, dass Fachkräfte sehr bewusst überlegen, wann und wie sie digitale Medien einsetzen. Das ist auch Teil von Medienkompetenz – zu wissen, wann sie hilfreich sind und wann nicht.
Wie könnte ein guter, kindgerechter Umgang mit digitalen Medien aussehen?
Man sollte aufgreifen, was Kinder selbst mitbringen – also ihre Medienerlebnisse und ihre Erfahrungen mit Medien. Eine Kita der Zukunft eröffnet Kindern kreative Möglichkeiten: Es gibt tolle Apps zum Malen, Filmen, Geschichten erzählen. Wenn ich z. B. mit Kindern eine Bohne einpflanze, kann ich die Pflanze im Glas beobachten – und parallel mit dem Tablet ein Zeitraffer-Video machen. Beides ergänzt sich. Dafür brauchen Fachkräfte medienpädagogische Kompetenzen. Leider ist Medienpädagogik aber immer noch zu wenig in der Ausbildung verankert.
Gibt es auch Unterschiede zwischen reinem Medienkonsum und kreativem Medieneinsatz?
Auf jeden Fall. Wenn ich mit einem Kind eine App nutze, mit der es malen kann – und dabei gemeinsam etwas gestalte, bespreche und weiterentwickle –, ist das ein ganz anderer Zugang, als ein Video zu konsumieren. Es geht darum, den Prozess zu begleiten.
Was möchten Sie Fachkräften mitgeben, die eine Kita-App wie Famly nutzen und sich beim Dokumentieren mit dem Tablet unsicher fühlen?
Es ist völlig in Ordnung, mit dem Tablet zu dokumentieren. Früher hatten wir auch Kameras. Wichtig ist nur, sich bewusst zu machen: Muss ich dieses Foto wirklich machen? Brauche ich alle 15 Bilder – oder reicht eines? Auch aus einer Nachhaltigkeitsperspektive. Und wenn man unsicher ist: Holt euch Unterstützung. Es gibt viele Expert:innen, die helfen können. Niemand muss das allein können – aber alle sollten reflektiert damit umgehen und die Potenziale nutzen.
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